Klein, aber oho – die Briloner Tanzlinde

Noch ist sie zu klein, um zu einer Tanzlinde zu werden. Aber jedes große Projekt hat einmal klein angefangen. Darum braucht der kleine Lindensprößling auf dem kleinen Hügel, um den sich der KultUr-Garten im Kreishauspark sanft schmiegt, auch noch lange besonderen Schutz und liebevolle Aufmerksamkeit. Darauf wies die Schauspielerin Beate Ritter bei ihrem Auftritt im Rahmen des Kulturprogrammes „Gemeinschaftsgärten als Orte interkultureller Begegnung“ am Samstagnachmittag hin.

Sie brachte zahlreiche Worte in Erinnerung, in denen sich das Wort lind oder Linde findet. Von der Linderung, über den Lindwurm, der Gerichtslinde, der Sieglinde bis zum gelinde gesagten entspann sich ein überraschender Wörterbogen, der die Bedeutsamkeit der Linde in unserem Sprachschatz andeutete.

Dann trug sie einen Auszug über die Tanzlinde aus dem Buch von Harald Welzer, ‚Nachruf auf mich selbst‘ vor, den sie auf die örtlichen Gegebenheiten des seit 2022 liebevoll entwickelten Gartenprojektes des Vereins Brilon Mittendrin e.V. abgestimmt hatte. Zur großen Überraschung des Zuhörerkreises, der sich um sie und die kleine Linde auf dem Hügel in der warmen Nachmittagssonne geschart hatte, wies sie darauf hin, dass nicht unter, sondern in einer Tanzlinde getanzt wurde. Dort, wo einer Tanzlinde Zeit zum Wachsen und Gedeihen über Genrationen gegeben wurde, hat man im Baum, im starken Kronenwerk, einen Tanzboden gebaut, der die Menschen zum Tanzen einlud. Das unterscheidet die Tanzlinde von anderen großen Bäumen, die Menschen in den Geschichten ihres Dorfes vor Generationen gepflanzt und gehegt haben. Sie erzählte von einer noch existierenden Tanzlinde in Süddeutschland, deren Tanzboden im Kronenwerk eine Fläche von 80 m² umfasst.

Durch Beate Ritters engagierten Vortrag wurde wieder deutlich, wie sehr Natur und kreative Kultur des Menschen eine heilsame Verbindung eingehen können, wie es schon über viele Generationen vertraut und selbstverständlicher Bestandteil des Lebens war. Zu solch guttuenden Erfahrungen will auch der Verein Brilon Mittendrin e.V. mit dem Projekt „KultUR-Garten“ und weiteren kleinen Projekten beitragen.

Noch mehr sehen oder lesen: https://www.tanzlinde-peesten.de/de/home/

Ein guter Geist für den Garten

Wer nicht gerade Freund des frühen Vogels und der Würmer ist, tat sich vermutlich etwas schwerer, am Samstagvormittag zum KultUr-Garten des Vereins Brilon-Mittendrin e.V. zu kommen und unter der Anleitung der Waldpädagogin Susanne Kunst kreativ zu werden.

Doch wer kleinere Kinder hat, die sowieso schon morgens aktiv sind und nach Betätigung dürsten, dem kam das Angebot gerade recht. Im Eingangsbereich des Gartens entstand so quasi als Symbol für den guten Geist des Gartens eine Figur aus Naturmaterialien.

Einige Zeit vorher hatte Frau Kunst schon frisch geschnittene Weidenzweige in einer runden Form in die Erde gesteckt. Es war ersichtlich, dass sie angegangen und in der Erde neue Wurzeln gebildet hatten. So formte dann Frau Kunst die Grundfigur. Und Eltern mit ihren Kindern begannen nun, der Grundform eine phantastische Gestalt zu geben. Rankende Blühpflanzen wurden am Boden rund um die Form gepflanzt. Daraus wird sich dann ein blühendes Gewand entwickeln. Aus weiteren Zweigen wurde ein Kopf und Arme geformt. Aus anderem Naturmaterial eine passende Frisur zurechtgezupft. Aus Blüten und farbiger Schafswolle wurden Schmuck und einige Verzierungen für die Bekleidung gebastelt.

Je weiter der Vormittag sich dem Mittag näherte, umso erkennbarer und unverwechselbarer wurde aus einer bloßen Form eine gestaltete Figur. Als am Nachmittag die Briloner Waldfee auf ihrer Tour durch die offenen Gärten auch Station im KultUr-garten machte, lies sie es sich auch nicht nehmen, mit der inzwischen prächtig herausgeputzten Figur ein Foto zu machen, quasi von Fee zu Fee.

Stutzig wurden die Erwachsenen allerdings, als ein Kind fragte: „ Wie heißt denn die neue Fee?“ Darüber hatte noch keiner nachgedacht. Aber vielleicht gibt es ja interessante Ideen. Und wenn man sich genug Zeit nimmt, und der Gartenfee freundlich und tief in die Augen schaut, vielleicht verrät sie ja ihren Namen und flüstert ihn leise in dein Ohr.

Auch das Bündnis für Demokratie war im Garten vertreten und repräsentierte mit einem Beitrag den guten Geist unseres Grundgesetzes. Mit Hilfe von einigen Holztafeln, die zwischen den Hochbeeten die kostbaren Gedanken unseres Grundgesetzes in Erinnerung riefen, wurde sichtbar gemacht, dass auch gute Gedanken wie nahrhafte Früchte sind, die unter Mühen angebaut und schließlich geerntet werden konnten. Von den darin enthaltenen geistigen Nährstoffen leben wir bis heute. Und es wird weiterhin Mühe und Arbeit notwendig sein, die Nährstoffe des Grundgesetzes anzubauen und zu ernten. Denn was geistige Mangelernährung und ausschließliches Fast-Food für die Seele anrichten kann, dafür lassen sich aktuell zahlreiche Beispiele finden.

Gedichte, Akkordeonklänge und Sonnenschein

Das hätte sich Pfarrer Kneipp sicher nicht träumen lassen, von drei Damen umringt, zum Schauplatz eines Gedichtes des Dichters Gumpelshaimer zu werden. Voller Humor und halsbrecherischen Wortschöpfungen ließen die drei Mitglieder des Trios Literat(o)ur aus Meschede für die zahlreichen Zuhörer das Gedicht an der Figur des Pfarrers im Kreishauspark neben dem Teich in der endlich scheinenden Nachmittagssonne lebendig werden. Als sie dann das Lied anstimmten: „So ein Mann, so ein Mann, zieht mich unwahrscheinlich an, ..“, gesellte sich aus dem Zelt am KultUR-Gartenzaun der Klang von 2 Akkordeons dazu, die diese Melodie aufgriffen, und die Akteurinnen und die Zuhörerschaft zur nächsten Station am Eingang des Gartens begleitete. Pfarrer Kneipp hätte ihnen sicher mit einem Lächeln im Gesicht nachgeschaut, bevor er zu seinem nächsten Guss geschritten wäre.

Zahlreiche Menschen hatten am Nachmittag den Weg in den Kreishauspark gefunden. Unter dem endlich strahlenden blauen Himmel folgten sie den drei Frauen auf ihrem literarischen Pfad rund um den KultUR-Garten. Eine spannende Auswahl literarischer Schätzlein und Perlen der Poesie hatten sie ausgewählt. Mit großer Spielfreude, schauspielerischer Präsenz und tragfähigen Stimmen verkörperten sie die Texte und entführten so die Zuhörerschar in die magische Atmosphäre, die plötzlich unter einem Baum, an einer Bank, hinter einer Wegbiegung an einem Gebüsch, an den Hochbeeten im Garten entstand und schließlich zum Ziel an der „Palaver-Bank“ führte. Auf dem Weg zwischen den Texten erfüllte wunderbare Akkordeonmusik den Kreishauspark. Christiane Preckel und Uwe Konetzny hatten zu den Texten passende Musik ausgewählt, mit der sie die Künstlerinnen und die Zuhörerschar auf ihrem Wunder-Wander-Weg rund um den Park begleiteten und inspirierten.

Die anregende und verbindende Kraft des literarischen Weges war auch in den zahlreichen Gesprächsgruppen, die sich im Garten nach der Vorstellung bildeten, ablesbar. Gerne nahm man die Einladung an, die Gespräche am freundlich gedeckten Kaffeetisch im Mehrgenerationenhaus „Familienzentrum Leuchtturm“ bei Kaffee und von den Mitarbeiterinnen selbstgebackenem Kuchen fortzusetzen. Für das Projekt der offenen Gärten hatte sich zwischen dem Verein Brilon Mittendrin e.V. und dem Mehrgenerationenhaus eine tolle Kooperation entwickelt, die weiter ausgebaut werden soll.